Berlin. Neue Fahrdienste machen in immer mehr Großstädten dem Taxigewerbe zu schaffen. 2021 hat der Gesetzgeber reagiert und den Städten und Landkreisen neue Gestaltungsmöglichkeiten gegeben. So haben beispielsweise München und Berlin Festpreise und einen Tarifkorridor für das Taxigewerbe eingeführt. Eine neue Studie des wissenschaftlichen Beratungsunternehmens IGES Mobility mit Sitz in Hamburg kommt nun zu dem Ergebnis: Das wird nicht reichen. Die Wissenschaftler empfehlen die Einführung von Mindestpreisen für Fahrdienste.

„Infolge der Markteintritte von großen Fahrdienst-Plattformen haben sich in Deutschland die zuvor ausgeglichenen Wettbewerbsbedingungen zwischen dem Taxi- und dem Mietwagengewerbe deutlich verschoben. In unserem Gutachten konnten wir zeigen, dass Mindestpreise für Fahrdienste in dieser Situation geeignet und erforderlich sind, wenn das Taxi als funktionsfähiger Teil des öffentlichen Verkehrssystems erhalten werden soll“, so Prof. Dr. Kay Mitusch, einer der Studienautoren.

Das Gutachten beleuchtet aus verkehrswissenschaftlicher Perspektive die ökonomischen Grundlagen der Personenbeförderung, die Bedeutung des Taxis für die Daseinsvorsorge und die Wettbewerbsbedingungen des Taxigewerbes seit den Markteintritten der digitalen Plattformen zur Mietwagenvermittlung. Sodann untersucht das Gutachten modellhaft, welche kommunalen Handlungsmöglichkeiten welche Wirkungen entfalten würden um den Kommunen eine fundierte Entscheidung über ihre Maßnahmen zu ermöglichen.

Mitusch: „Entscheidend kommt es im Wettbewerb um die Personenbeförderung auf die Preisgestaltungsmöglichkeiten an. Tarifkorridore für das Taxi allein sind unzureichend, da eine systematische Unterbietung der Taxipreise weiter möglich ist und in der Handlungslogik von Plattformen die Unterbietung als Instrument zur Gewinnung von Marktanteilen fordert. Um im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten ein öffentliches Verkehrsangebot einschließlich Taxis zu behalten braucht es Mindestpreise für Fahrdienste. Besonders geeignet erscheint aus ökonomischer Perspektive die Einführung von Mindestpreisen am unteren Ende eines Tarifkorridor für Taxis.“

Das Gutachten in Auftrag gegeben hat der Bundesverband Taxi und Mietwagen. Zum Hintergrund erklärt Geschäftsführer Michael Oppermann: „Es gibt bereits eine Reihe von Gutachten die beleuchten, was an kommunalen Eingriffen rechtlich zulässig ist. Das IGES-Gutachten ist nun das erste, das ökonomisch herausarbeitet, was auch tatsächlich erforderlich ist, um die Ziele des Gesetzgebers zu verwirklichen. Ich kann nur alle Großstädte, in denen Uber & Co. eine relevante Größe haben, auffordern: Prüfen Sie die Voraussetzungen für die Einführung von Mindestpreisen und handeln sie schnell. Andernfalls wird das, was im Gutachten noch als theoretisch und modellhaft beschrieben wird, bittere Realität: Ein Taxisterben und ein Wegfall dieses Teils des verlässlichen öffentlichen Verkehrsangebots in unseren Städten.“

Das vollständige Gutachten zum Download finden Sie hier.

Über die Gutachten-Autoren:

IGES Mobility erbringt Planungs-, Beratungs- und Gutachterleistungen in den Bereichen Mobilitäts- und Verkehrsplanung, Nahverkehr, Verkehrsökonomie unter Einbezug von Klima- und Umweltschutz. In enger Zusammenarbeit mit dem IGES Institut in Berlin ist IGES Mobility in bundesweiten Projekten tätig, so beispielsweise bei der Bestimmung von Kapitalkosten für die Festlegung Trassenpreisen im Auftrag der Bundesnetzagentur. Prof. Dr. Kay Mitusch leitet den Lehrstuhl für Netzwerkökonomie am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und ist Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr.  Das Gutachten erarbeiteten Dr. rer. pol. David Sonnenberger, Dipl.-Geogr. Elias Olshausen und Prof. Dr. oec. Kay Mitusch.