(Stand: 06/2021)
Das PBefG nach der Novelle: Bundesverband entwickelt Leitfaden für die Verwaltungspraxis
Zwar ist der politische Prozess rund um die Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) formell bereits abgeschlossen, doch die Arbeit ist damit längst nicht getan. Die Verantwortung zur Umsetzung der neuen Möglichkeiten liegt nun bei den Genehmigungsbehörden und wurde somit von der Bundes- auf die Länderebene verlagert. Um die Chancen des neuen PBefG in den Praxisalltag zu übersetzen, gilt es nun, vor Ort auf die Genehmigungsbehörden zuzugehen, Gespräche zu führen und die neuen Steuerungsmöglichkeiten zu erörtern. Dies ist ein wichtiger und notwendiger Schritt, um die gesetzlich errungenen Möglichkeiten zur Schaffung eines fairen Wettbewerbs in die Tat umzusetzen. Nur durch ein entsprechendes Engagement vor Ort kann das Taxi in Zukunft vom neuen PBefG profitieren.
Zur Unterstützung unserer Mitglieder wie auch zur Unterstützung der Genehmigungsbehörden, bei ihrer nicht leichten Aufgabe zur Ordnung des Mobilitätsmarktes vor Ort, hat der Bundesverband Taxi und Mietwagen e.V. einen umfangreichen Leitfaden für den Umgang mit dem neuen PBefG in der Verwaltungspraxis erarbeitet, den wir Ihnen hier zur Verfügung stellen möchten. Ziel des Leitfadens ist es, Klarheit zu schaffen und die gesetzlichen Ausführungen für den Praxisalltag mit Leben zu füllen. Dabei ist der Leitfaden als lebendes Produkt zu begreifen, den wir von Zeit zu Zeit anpassen und aktualisieren werden. Denn manche Klarheit, soviel ist sicher, wird erst vor Gericht geschaffen.
Der Bundesverband Taxi und Mietwagen e.V. appelliert an all seine Mitglieder, den Leitfaden als Anlass zu nehmen, sehr zeitnah auf die Genehmigungsbehörden vor Ort zuzugehen und gemeinsam die neuen Möglichkeiten zu erörtern.
Positionierung des Bundesverbandes zur PBefG-Novelle
Das Personenbeförderungsgesetz soll in der aktuellen Legislaturperiode novelliert werden. Diese Reform muss die Potenziale der Digitalisierung nutzen, die Verlässlichkeit der Personenbeförderung erhalten und gute Arbeitsbedingungen sicherstellen.
Leitmotiv muss die Festlegung des Koalitionsvertrags sein, „dass ein fairer Ausgleich (level playing field) zwischen den unterschiedlichen Beförderungsformen gewahrt bleibt.“
Die Taxi- und Mietwagen-Branche will diese Modernisierung mitgestalten. Das sind unsere wichtigsten Anforderungen an die Reform (Stand: 2/2019):
Bitte beachten Sie auch unsere aktuelle Stellungnahme zur Behandlung in Bundestag und Bundesrat.
Fairer Wettbewerb der Anbieter
Taxis sind Teil der Daseinsvorsorge und des Öffentlichen Personennahverkehrs. Als solches sind sie verpflichtet Beförderung für Jedermann, rund um die Uhr, flächendeckend und zu festen Preisen anzubieten. Um diese besondere Funktion auch weiterhin erfüllen zu können, müssen sie aktiv vor unfairem Wettbewerb geschützt werden.
Die Rückkehrpflicht für auftragslose Mietwagen muss beibehalten werden. Das System Taxi als Teil der Daseinsvorsorge wäre mit dem Wegfall der Rückkehrpflicht am Ende. Wird die Rückkehrpflicht abgeschafft, öffnet die Politik alle Schleusen für Unternehmen wie Uber. Die Realität sähe dann folgendermaßen aus:
- Unternehmen wie Uber können betriebswirtschaftlich entscheiden, wann und wo es lukrative Fahrten gibt und nur diese Nachfrage bedienen.
- Taxis können das nicht: sie haben eine Betriebs- und Beförderungspflicht und müssen rund um die Uhr jeglichen Bedarf abdecken, ob lukrativ oder nicht.
- Unternehmen wie Uber handeln nach dem klassischen Marktprinzip: Angebot und Nachfrage. Ist die Nachfrage groß, steigt der Preis. Eine Uber-Fahrt am Silvesterabend ist bei gleicher Strecke mindestens doppelt so teuer wie an normalen Tagen. Das können Taxis nicht, sie müssen immer und überall denselben Preis anbieten, der behördlich festgeschrieben ist.
- Unternehmen wie Uber übernehmen keine Verantwortung als Arbeitgeber. Sie stellen sich als eine Vermittlungsplattform dar, die 25% vom Ertrag der von ihr vermittelten Fahrten bekommt. Ob der Fahrer angestellt ist – und wenn ja, unter welchen Bedingungen –, oder ob er seine Pausen und Arbeitszeiten einhält, wird von Unternehmen wie Uber nicht überprüft. Das Taxigewerbe hingegen ist Arbeitgeber: es übernimmt Verantwortung, zahlt Mindestlohn und Abgaben für seine Angestellten, sowie Steuern.
- Unternehmen wie Uber unterliegen nicht dem Konzessionsrecht. Die Anzahl der Autos ist durch den Staat nicht regulierbar. Bei Taxis ist das anders: hier werden Konzessionen vergeben. Wenn man die Rückkehrpflicht abschafft, wird es zu einem Verkehrskollaps in unseren Städten kommen, denn die Anzahl der herumfahrenden und nach Kunden suchenden „Mietwagen“ wird sprunghaft ansteigen – und die Politik kann (dann) nichts mehr dagegen unternehmen. Zu beobachten ist dieses Phänomen bereits in vielen Städten wie z.B. in New York, San Francisco und Amsterdam.
Der Erhalt der Rückkehrpflicht ist Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Umweltschutz. Er ist die zentrale Forderung des Taxigewerbes. Einen fairen Wettbe- werb kann es nur mit Erhalt der Rückkehrpflicht geben.
Kommunale Aufsichtsbehörden müssen – mehr als bisher – durch regelmäßige Kontrollen sicherstellen, dass die Regeln für die Personenbeförderung eingehalten werden. Die Kontingentierung der Lizenzen einerseits und die .berprüfung der Berufszugangsvoraussetzungen nach dem „Hamburger Modell“ andererseits sind wichtige Grundpfeiler, die einen fairen Wettbewerb sicherstellen.
Gute Arbeit für Fahrerinnen und Fahrer
Um auch in Zukunft einen flächendeckenden Taxiservice anbieten zu können, muss das Taxigewerbe weiterhin ein attraktiver Arbeitgeber sein. Sichere und gute Arbeitsplätze gibt es nicht mit Dumping-Löhnen. Dumping-Anbietern, die ihre Fahrer in eine prekäre Selbständigkeit mit Dumping-Löhnen zwingen, darf nicht der Weg bereitet werden. Für Taxifahrer und Mietwagenfahrer sollten gleiche Voraussetzungen gelten.
Mehr Sicherheit für alle Fahrgäste
Jede Person, die Menschen in ihrem Fahrzeug gewerbsmäßig befördert, muss dazu nachprüfbar qualifiziert sein. Sie trägt in besonderem Maße Verantwortung für den Fahrgast und die anderen Verkehrsteilnehmer. Das muss für alle Anbieter gleichermaßen gelten. Wir fordern deswegen, dass für alle Formen der gewerblichen Personenbeförderung mit PKW eine einheitliche Qualifikation vorgeschrieben wird, die auf Sicherheit und Service ausgerichtet ist.
Auch aus steuerlichen, versicherungsrechtlichen und wettbewerblichen Gründen muss private Mitnahme klar von gewerblicher Beförderung abgegrenzt werden: Die Kostenbeteiligung darf nicht mehr als 30 Cent pro Kilometer betragen. Wir schlagen dafür einen dynamischen Verweis auf die Regelung im Bundesreisekostengesetz vor. Darüber hinaus ist eine eindeutige Kenntlichmachung von Fahrzeugen der gewerblichen Personenbeförderung anhand besonderer KFZ-Kennzeichen notwendig. Damit die Ämter auch die Möglichkeit haben nachzuprüfen, ob Personen diese Qualifikation erworben haben, fordern wir, dass das elektronische Zentralregister für Güter- und Personenkraftverkehrsunternehmen mit Bus auf Taxi- und Mietwagenbetreiber ausgeweitet wird.
Echter Verbraucherschutz durch Verlässlichkeit und Transparenz
Die Tarifpflicht für Taxis muss beibehalten werden. Taxis sollten künftig allerdings auch pauschale Festpreise für vorbestellte Fahrten anbieten können, die in den Tarifordnungen festgelegt werden müssen. Damit haben auch Taxikunden die Möglichkeit, vorab eine verbindliche Preisauskunft zu erhalten. Für Ride-Sharing mit Taxis müssen transparente Regeln für die Aufteilung des Fahrpreises geschaffen werden.
Chancen der Digitalisierung nutzen
Die Digitalisierung bietet die Chance den Verkehr neu und besser zu organisieren. Sie darf aber nicht dazu führen, dass die bestehenden und bewährten Strukturen in der öffentlichen Daseinsversorgung zerstört werden. Das Taxigewerbe hat in den letzten Jahren mit der Einführung der nationalen und sogar internationaler gewerbeeigener Apps – die mittlerweile flächendeckend vermitteln – bewiesen, dass wir uns nicht den neuen Möglichkeiten der Digitalisierung verschließen. Im Gegenteil: das Taxigewerbe ist für die Zukunft aufgestellt und wird die Chancen der Digitalisierung auch weiterhin nutzen. Darüber hinaus müssen Daten verantwortungsvoll genutzt werden. Bei der Personenbeförderung entstehen heute eine Vielzahl von Daten über Fahrzeuge, Kunden und Touren. Der Schutz dieser Daten vor Missbrauch muss an erster Stelle stehen. Die Daten können und sollten jedoch auch genutzt werden, um Verkehrsströme und -planungen zu optimieren und die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften (u.a. Steuerrecht) sicherzustellen. Die Daten aus Fiskaltaxametern und geeigneten Instrumenten für Mietwagen sollten den Behörden deshalb zu Verfügung gestellt werden. Als unterstüt- zende Maßnahme sollte eine allgemeine Belegerteilungspflicht eingeführt werden.
Ride-Sharing für alle ermöglichen
Das Taxigewerbe bietet bereits heute Ride-Sharing an. Unter anderem mit dem Betrieb von Anruf-Sammel-Taxis haben wir jahrzehntelange Erfahrung. Ride- Sharing muss zukünftig im Personenbeförderungsgesetz explizit geregelt werden. Dazu gehört für uns:
• Taxis müssen in die Sharing- Modelle eingebunden werden oder solche Verkehre selbst durchführen dürfen.
• Sharing-Verkehre müssen der Betriebs-, Beförderungs- und Tarifpflicht unterliegen. Das heißt: Wer sie anbietet, muss das für alle tun – rund um die Uhr und zu verlässlichen Preisen und ohne Rosinenpickerei.
• Ride-Sharing soll den Linienverkehr des ÖPNV ergänzen und seine Wirtschaftlichkeit nicht gefährden.
Elektro-Taxis auf die Straße bringen
Wir wollen Elektro-Taxis und anderen Fahrzeugen mit alternativen Antrieben zum Durchbruch verhelfen. Dafür müssen technische, bürokratische und finanzielle Hindernisse beseitigt werden. Erste Schritte dafür sind:
• Elektro-Taxis sollten sich beim Aufladen an öffentlichen Ladeplätzen bereithalten dürfen.
• Vorhandene Taxi-Warteplätze müssen schnellstmöglich mit Ladegeräten ausgestattet werden.
• Weil Elektro-Taxis aufgrund der Ladezeiten heute noch nicht im Mehrschicht-Betrieb rund um die Uhr gefahren werden können, sollte der Betrieb von zwei Fahrzeugen mit Wechselkennzeichen zugelassen werden.
Die Taxi- und Mietwagenbranche steht für die Mobilitätswende bereit. Gemeinsam mit Bund, Ländern und Kommunen wollen wir alternativen Antrieben zum Durchbruch verhelfen und uns an die Spitze dieser Entwicklung setzen.