Berlin. Das Taxi- und Mietwagengewerbe steckt in einer perfiden Situation: Die Novelle des Personen-beförderungsgesetzes ist seit rund zwei Jahren in Kraft – aber die im Gesetz selbst festgehaltene Evaluierung lässt auf sich warten. Ergo kümmert sich derzeit niemand so richtig um die Auswirkungen. Hier legt der Bundesverband den Finger in die Wunde und mahnt ein ums andere Mal bei seinen politischen Gesprächen mehr Kontrolle an. Anderseits soll und will das Gewerbe auf saubere Antriebe umsteigen, die Förderung für gewerbliche Flotten läuft dieses Jahr aus. Auch hier macht der Bundesverband Vorschläge. Denn der Fördertopf für elektrisch angetriebene Lkw´s ist randvoll, wird aber mangels Angeboten aus der Fahrzeugindustrie quasi nicht abgerufen. Was spricht dagegen, diese Gelder für saubere Taxis und Mietwagen einzusetzen? Dicke Bretter, die der Verband bohrt – und auf der Mitgliederversammlung am 22. Juni darüber Rechenschaft ablegte.
Herwig Kollar: Von 50 Millionen Krankenfahrten fahren Taxi und Mietwagen jährlich 38 Millionen
Bundesverbands-Präsident Herwig Kollar gab einen kurzen Überblick über die Ereignisse der letzten Wochen, der eigentliche ausführliche Rechenschaftsbericht folgt dann auf der Mitgliederversammlung im Herbst. Zur Arbeit des Verbandes gehören derzeit unzählige Gespräche mit Verkehrspolitikern in Europa, in Bund und Ländern, mit Behörden oder mit Fachleuten aus der Wirtschaft. Eine besonders markante Veranstaltung, die der Bundesverband gemeinsam mit dem Deutschen Städtetag auf die Beine gestellt, war das zweitägige Symposium zu rechtlichen Fragen rund um Taxis und Mietwagen in Hamburg (dazu veröffentlicht der Bundesverband ausführliche
Informationen).
Energischen Widerspruch meldet der Bundesverband gegen durch massive Subventionen neu entstehende Flotten an. „Wir haben in Deutschland jährlich etwa 50 Millionen Krankenbeförderungen. Davon übernimmt die Taxi- und Mietwagenbranche rund 38 Millionen Fahrten, da sind etwa 80 Prozent des Gesamtaufkommens“, rechnete Herwig Kollar vor. Diese 80 Prozent der Fahrten würden lediglich 20 Prozent der gesamten Kosten verursachen. Die restlichen 80 Prozent der Kosten würden für Notfallrettung, durch Ärzte begleitete Transporte bis hin zu Hubschrauberflügen fällig. Und dabei wird klar, so Herwig Kollar: „Ich kann 80 Prozent der Fahrten, die jetzt die Taxi- und Mietwagenbranche leistet, nicht durch einen subventionierten Linienbedarfsverkehr abwickeln!“ Man könne schließlich von einem Dialysepatienten nicht verlangen, nach seiner Behandlung noch 30 Minuten auf weitere Mitfahrer zu warten. Anschließend gehe die Reise mit anderen Fahrgästen zu mehreren Haltestellen und dauere ein Vielfaches der Zeit, die das Taxi benötige. „Wenn Sie aber die bestehende Infrastruktur der Taxi- und Mietwagenbranche durch den Bedarfsverkehr zerstören, dann können diese 38 Millionen Krankenfahrten auch nicht mehr ausgeführt werden. Und ein Ersatz kann nicht preiswerter sein, der wird auf jeden Fall teurer werden!“ Der Bundesverband Taxi und Mietwagen weist in allen Gesprächen darauf hin und bittet seine Partner, diese Botschaft auch weiter zu tragen: „Es gibt eine bestehende Flotte aus Taxis und Mietwagen, es braucht keine Parallelstrukturen!“ Diese Flotte umfasst annähernd 100.000 Fahrzeuge, die auch Linienbedarfsverkehr auf dem flachen Land erledigen können.
PBefG auf dem Prüfstand: Evaluierung des Personenbeförderungsgesetz muss jetzt erfolgen
Vor rund zwei Jahren wurde die Novelle des Personenbeförderungsgesetzes verabschiedet, allerdings hat sich seither nicht viel verändert, konstatiert das Gewerbe. Hermann Waldner, Vizepräsident des Bundesverbandes, bemerkt immer wieder: „Es gibt jetzt blaue Kennzeichnungen für Mietwagen. Aber bei der Rückkehrpflicht für auftragslose Mietwagen, für die sich das Gewerbe im Ringen um die Novelle so sehr engagiert hat, tut sich praktisch nichts“. Sollte sich dieser Wildwuchs von plattformvermittelten Mietwagen ohne Rückkehrpflicht weiter fortsetzen, dürfte beispielsweise in Berlin von einst 8.000 Taxis im Jahr 2026 kein einziges mehr auf der Straße sein, so die düstere Prognose. Darum kämpft der Bundesverband darum, dass nun endlich das Personenbeförderungsgesetz und seine Auswirkungen schnellstmöglich auf den Prüfstand gestellt werden. „Eigentlich soll 2025 oder 2026 eine Evaluierung, also eine Überprüfung, stattfinden. So ist es im Gesetz festgehalten, allerdings ist die Taxi- und Mietwagenbranche davon gar nicht betroffen. Es geht um die neuen Verkehrsformen, also die Bedarfsverkehre, und die Barrierefreiheit. Da will man die Entwicklung prüfen“, kritisierte Kollar. Die Trennung von Taxis und Mietwagen ist dagegen kein Thema. Deshalb sind wir wieder im Bundesverkehrsministerium vorstellig geworden. „Man kann doch nicht ernsthaft eine Novelle bewerten, ohne die Lage von Taxis und Mietwagen zu analysieren!“ Nach dem Einsatz des Verbandes gebe es nun erste Signale, dass dieses Versäumnis aus dem Weg geräumt werden soll.
Europa, Stellungnahmen und die Umsatzsteuerrichtlinie
Positives konnte der Bundesverbandspräsident aus Brüssel berichten: Es bestand die Gefahr, dass die Taxizentralen auch von der Plattformrichtlinie betroffen sein könnten. Dies wurde nun geklärt, eine entsprechende Notiz zum Entwurf stellt den Unterschied deutlich heraus. Nun erfolgt der sogenannte Trilog (die Abstimmung zwischen Europäischer
Kommission, dem Rat der Europäischen Union sowie dem Europäischen Parlament). „Wir bleiben dran und arbeiten auch auf europäischer Ebene mit unseren Partnern weiter an diesem Thema“, so Kollar. Kein Ergebnis gibt es unterdessen bislang bei der Umsatzsteuerrichtlinie. Bei Testfahrten mit Uber wurde festgestellt, dass der amerikanische Konzern sehr lax mit dem Thema umgeht. Es werde beim Fahrpreis gar nicht erwähnt, dass auf
eine Beförderung auch Umsatzsteuer fällig werde. „Wir haben bei den Behörden jetzt nachgefragt, wer die Umsatzsteuer vom Bruttofahrpreis bezahlt – nun ist auch die EU aufgewacht. Könnte sein, dass Wettbewerbsver-
zerrungen jetzt besser angegangen werden“, betonte Kollar. Schließlich noch ein Blick hinter die Kulissen der Berliner Gesetzgebung: Das Straßenverkehrsgesetz hat kürzlich das Kabinett passiert. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte dazu gesagt: „Wir modernisieren und erweitern das Straßenverkehrsgesetz, indem wir auch die Ziele des Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Ordnung mit aufnehmen.“ Behörden vor Ort bekommen damit mehr Gestaltungsmöglichkeiten, beispielsweise bei Sonderfahrspuren für klimafreundliche Mobilität. Und selbstverständlich erhalten Verbände wie der Bundesverband auch die Möglichkeit, ihre Stellungnahme dazu abzugeben. Posteingang per E-Mail: Donnerstagmittag. Abgabefrist: Freitagmittag. Der Bundesverband hat trotz
dieses extrem knappen Zeitfensters eine Stellungnahme mit seinen Anmerkungen und Bedenken abgegeben und diese auch noch mit anderen Verbänden koordiniert.